Was kann helfen, wenn man sich selbst nicht mehr spürt? Wenn Depression den Alltag beschwert und Selbstzweifel überwiegen? Für Isabel, eine Schülerin der ZeoT Tanzschule, wurde der Bauchtanz zur Antwort. In diesem ehrlichen und berührenden Erfahrungsbericht erzählt sie, wie Bewegung ihr half, ihren Körper neu zu entdecken, Selbstvertrauen aufzubauen und liebevoller mit sich selbst umzugehen. Es ist eine Geschichte über Körperliebe, Heilung und die Kraft einer unterstützenden Tanzgemeinschaft.
Wir sind sehr dankbar für Isabels Mut, ihre Geschichte zu erzählen.
Wie bist du zum Tanzen gekommen?
Tanzen war irgendwie immer ein Teil meines Lebens. Als ich 5 war, begann ich mit Ballett, doch weil mein Vater einen neuen Job annahm und dies einen Umzug zur Folge hatte, gab ich das nach einem Jahr wieder auf. Danach sah man mich lediglich durch den Gang unserer Wohnung tanzen; still sein war etwas, was ich nicht gerne hatte. Während meiner Teenagerzeit kam Shakira gross heraus und sie tanzen zu sehen, war eine grosse Inspiration. Es dauerte aber etwas bis ich mich in einen Kurs getraute und ich hing das Hüfttuch nach zwei Kursperioden bereits hin, weil ich nicht damit klar kam, dass ich keine Choreos lernen konnte – Improvisation ist nicht gerade meine Stärke. Dafür bekam ich dies im Streetdance. Als ich dann in meine 30er kam, bemerkte ich, dass ich meinem Körper kaum etwas gutes tat. Mit 110kg konnte ich mir Ballett nicht vorstellen, aber es zog mich zurück zum Bauchtanz. Und durchs Internet kam ich dann aufs ZeoT.
Wie war deine Erfahrung bisher in den Tanzkursen?
Ich lernte schnell meinen Körper wieder als Instrument für Rhythmus kennen, meine Statur machte nichts aus. Auch wenn ich ab und zu sicherlich die anderen Teilnehmer:innen beäugte. Ich denke, ich konnte von Glück reden, dass Julie mir diesbezüglich auch einen grossen Brocken Selbstkritik abnahm. Ihre Bodypositivity half mir dabei, mich nicht mit anderen im Raum zu vergleichen, sondern mich auf mich selbst zu konzentrieren. Wenn es doch nur bei meinen körperlichen Eigenbild gehangen hätte… Seit ich 15 bin leide ich unter Mittelschweren Depressionen. Meistens geht es mir soweit gut, dass ich nicht eingeschränkt bin in meinem Alltag. Meine Medikamente geben mir Stabilität. Ab und zu kommen die Wellen trotzdem… Die Wellen, die mich ertrinken lassen und dann wird es schwierig…
Gab es Herausforderungen oder Hindernisse am Anfang?
Zu viel Lärm, zu viele Menschen, keinen Antrieb, das sind die Probleme, die mich in meinen Phasen begleiten. Sie sind manchmal stärker, manchmal schwächer, aber sie sind immer da. Mich an einem freien Tag ins ZeoT bewegen ist ebenfalls ein Problem, welches ich immer wieder habe. Wenn ich nach meiner Arbeit ins ZeoT kann, dann ist es für mich die Erlösung von meiner Arbeit. Diesbezüglich ist es einfacher für mich, wenn ich schon draussen bin.
Inwiefern haben dir die Tanzstunden körperlich und mental geholfen?
Wenn ich dann im Studio bin und mich von den Schwingungen der anderen Tänzer:innen spüren darf, dann beeinflusst mich das bereits positiv. Vor allem aber auch die Konzentration, die ich benötige während den Choreos, hilft mir am Meisten. Ich kann meine Gedanken auf etwas simples fokussieren, etwas, was nicht meine eigenen destruktiven Gedanken sind. Es erlaubt mir, frei zu sein von meinen Dämonen, die mich sonst hindern. Je länger der Unterricht dauert, desto eher kann ich loslassen, desto eher verspüre ich Freude, wo sonst lediglich eine Taubheit existiert.
Wie fühlst du dich beim Tanzen, ob im Unterricht oder auf der Bühne?
Während dem Tanzen fühle ich mich tatsächlich. Das ist so oder so etwas, was mir in den Depressionsphasen schwer fällt. Ich spüre meinen Körper nicht und tendiere diesbezüglich auch mir selbst weh zu tun. Schmerz ist aushaltbarer als seelischer Schmerz, oder Taubheit. Wenn ich in meinem Körper auf einmal Muskeln spüre, die ich sonst nicht wahrnehme, dann ist das ein positiver Schmerz… aber eben, manchmal ist es nicht so einfach. Manchmal da kann ich tanzen und weder meine Gedanken abschalten, noch meinen Körper fühlen, geschweige denn aufnahmefähig sein für die Schwingungen meiner Mittänzer:innen. Das sind dann eher die schlechten Tage.
Wie würdest du deine Erfahrung an der ZeoT Tanzschule beschreiben?
Was ich am ZeoT in dieser Hinsicht extrem schätze und in meinem Leben nicht missen möchte, sind die Beziehungen, die durchs Tanzen entstehen, sei es mit den anderen Teilnehmer:innen oder mit den Lehrer:innen und Leiter:innen. Ich fühle mich als Teil einer Familie, die tatsächlich um mein Wohl besorgt ist. Dafür bin ich jeden Tag dankbar und es hilft mir immer wieder zu wissen, dass ich als Teilnehmerin nicht einfach irgendjemand im Raum bin, sondern eine Person, die wahrgenommen wird. Es ist einfach sich Zuhause zu fühlen, resp. Sich wohlzufühlen. Wenn ich nicht jetzt schon durch das Bauchtanzen gelernt hätte meinem Körper zu lieben, dann würde ich es immer wieder so tun. Es hat mich aus meinem Schneckenhaus gescheucht, es hat mir Selbstvertrauen gegeben und schenkt mir einen Anker in der Woche, der nur mir gehört. Ich habe gelernt «Ja» zu mir zu sagen und zu meinen Bedürfnissen. Das ist ein Geschenk, an dem ich Freude habe. Auch wenn es Tage gibt, an denen ich gegen meine Depression nicht ankämpfen kann und sie mich im Griff hat, lasse ich mich nicht von ihr bestimmen. Ich kämpfe jeden Tag dafür, mein Leben zu gestalten, mir Momente der Freude zu verschaffen und meinen Körper und mich selber zu lieben: Danke ZeoT, dass du/Ihr mir dies ermöglichen.